André Wagner stellt sich den Urkräften der Natur. Als Fotograf spürt er sie auf, um sie für den Betrachter erlebbar zu machen. Seine gewaltigen Motive findet er auf Reisen durch die ganze Welt. Besonders aus Neuseeland und Indien liefert er immer wieder beeindruckende Impressionen. Der gebürtige Burgstädter André Wagner (*1980) lebt heute in Berlin.
ÜBER DAS WERK
Bamboo
Bambus vereint gegensätzliche Eigenschaften auf harmonische Art und Weise: Das Gewächs ist extrem widerstandsfähig und fest im Boden verankert, doch zugleich biegt es sich unter starkem Wind und wächst im Vergleich zu europäischen Hölzern in nur fünf Jahren – flexibel und leicht geht es eine Symphonie mit der Natur ein. Im Frühjahr 2016 legte André Wagner für die Serie „Bamboo“ abertausende Kilometer zurück, um die zartfarbenen Naturhölzer und Wundergewächse des japanischen Bambuswaldes zu fotografieren. Besonders nachts ließen sich dabei beeindruckende Lichtkontraste einfangen. Vor allem faszinierte ihn aber der Facettenreichtum dieser Süßgräser: Bei Regenschauern nimmt der Stamm das Wasser auf, verändert seine Farbgebung und erhält eine saftige Konsistenz. Wenn er wieder trocknet, lässt die Sonne ihn in verschiedenen Tönen changieren – es entsteht eine gebatikte Optik. André Wagner zeigt dem Betrachter diese stille, rohe Schönheit der hochgewachsenen Stämme.
Birch Forest
Künstler wie Gustav Klimt, Paula Modersohn-Becker und Martin Kippenberger haben sich den faszinierenden Birkenwäldern bereits in ihren Werken angenommen. André Wagner hat einen ganz eigenen Stil, Naturschönheiten zu portraitieren. Seine lichtvollen Fotografien lassen den Wald fast mystisch erstrahlen. Er bringt uns dabei die Stämme so nah, als könnten wir mit den Händen nach ihnen greifen.
So heimatlich vertraut uns die Birken erscheinen, hat der Künstler sie doch in den Tiefen der finnischen Wald- und Moorlandschaften aufgespürt. Die ursprüngliche Natur in Finnland mit ihren kolossalen Kontrasten bietet dem Künstler perfekte Motive für seine außergewöhnlichen Landschaftsaufnahmen. Durch die Inszenierung dramatischer Hell-Dunkel-Effekte setzt Wagner spannende Akzente. Das Sonnenlicht unterstützt Wagners effektvolles Lichtkonzept.
Landscapes
Trotz heftiger Stürme geben die knorrigen Bäume vielleicht nach, aber niemals auf. Und Moos umhüllte Baumgiganten finden Wege, um in den dichten Urwäldern Neuseelands das Sonnenlicht aufzuspüren. Auf André Wagners intensiven Wald Bildern scheint man mittendrin zu sein in der faszinierenden Natur dieser Küstenlandschaft.
In Bild-Momenten wie diesen ist nicht nur die Intensität des Naturerlebnisses zu spüren, sondern auch die Leidenschaft des Fotografen. Der Künstler findet immer genau die Perspektive, die die Distanz des Betrachters zum Motiv aufhebt.
ARBEITSWEISE
Das Licht spielt in den Fotografien André Wagners eine entscheidende Rolle. Effektvoll eingesetzt, scheint es kraftvolle Naturerlebnisse zusätzlich mit besonderen Inhalten aufzuladen. Das macht Wagner sichtbar, denn die reine Ästhetik einzufangen, wäre ihm zu wenig. So wirken seine ungewöhnlichen Naturaufnahmen wie gemalt.
Als ehemaliger Graffiti-Künstler in den 1990er-Jahren hätte er das Talent gehabt, sich ganz der Malerei zu widmen. Der Fotograf achtet darauf, möglichst wenig Zivilisation auf seinen Arbeiten zu zeigen und die Ursprünglichkeit der Natur in den Vordergrund zu heben. Um „mit Licht zu zeichnen“, wie André Wagner es ausdrückt, nutzt er bestimmte Blickwinkel oder auch Langzeitbelichtungen. Seine Motive erhalten auf diese Weise einen weichen Charakter. Bekannt wurde Wagner auch durch spektakuläre Nachtaufnahmen. „Ein Motiv, das nachts fotografiert wird, macht einen pastelligeren Eindruck“, erklärt der Künstler den technischen Unterschied, „während ein tagsüber fotografiertes Motiv schärfer ist und ein Abbild des Moments darstellt.“
„Das abgebildete Licht ist mein Weg durch die Zeit.“
André Wagner