Werner Herzog - Bilder, Werke und Fotografie

Werner Herzog

Hintergrundinformationen zu Werner Herzog

Einführung

Grenzerfahrungen



Eine Konstante im Werk des deutschen Regisseurs Werner Herzogs ist ohne Zweifel das unermüdliche Ausreizen von Grenzen. Zum Einen sind da die Geschichten der Außenseiterfiguren in seinen Filmen, die nicht selten das Menschenunmögliche möglich machen wollen, so etwa der Abenteurer Fitzcarraldo (Klaus Kinski), der im südamerikanischen Urwald ein Opernhaus errichten möchte. Zum Anderen ist es der Film selbst, durch den der Regisseur dem Zuschauer eine einzigartige Ausnahmeerfahrung ermöglicht. Das Ausloten der Grenzen von Körper und Geist findet sich in den oft hypnotischen Szenen, Momenten und Einstellungen wieder, die den Betrachter Teil werden lassen an einer tiefer gehenden Erfahrung, am Rande des Darstellbaren.

Herzog wird nicht müde, Film als Ausnahmezustand in Szene zu setzten. Das Besondere daran ist, dass es dem Regisseur gelingt das nicht Fassbare in Bildern voller Ruhe und innerer Kraft auszudrücken. In den präzisen Kompositionen, in denen Herzog immer wieder den Konflikt zwischen dem Individuum und inneren, wie äußeren Widerständen austrägt, entfaltet sich eine Bildlichkeit die nicht dem Chaos verfällt, sondern voller Anmut eine eigene Ordnung der Dinge herstellt.

In dieser ganz eigenen Logik der Bilder schafft es Herzog Spannungsfelder, die aus seinen wiederkehrenden Motiven hervorgehen, sinnlich erlebbar zu machen. So zum Beispiel das Spannungsfeld von Mensch und Natur in Filmen wie Aguirre, der Zorn Gottes (1972) oder Fitzcarraldo (1981/82). Ebenso kann es das Spannungsfeld zwischen Individuum und Obrigkeit sein, ausgedrückt etwa in Herzogs Büchner Verfilmung von 1979, in der Klaus Kinski als Titelfigur Woyzeck wie ein Don Quijote gegen die vereinnahmende Architektur einer Garnisonsstadt des 19. Jahrhunderts ankämpft.

Trotz der Eigenständigkeit von Herzogs Bildwelten bleiben diese nicht ohne Referenzpunkte. So findet Herzog für seinen Nosferatu-Film mit Murnaus Klassiker von 1921 einen Vorgänger, der für sich genommen das Erzählen in filmischen Bildern revolutionierte. Doch sind es nicht allein Bildmotive, an die sich Herzog anlehnt. Es ist vielmehr die Atmosphäre und die Stimmung des Stummfilms, die Herzog etwa mit Referenz an die Präraffaeliten und der viktorianischen Porträtmalerei zu transportieren weiß, ohne die Mittel der Malerei nachzuahmen.

Ist es in Herzogs Nosferatu – Phantom der Nacht (1978) die junge Isabelle Adjani, die den einen Pol des Spannungsfelds von sexuellem Verlangen gegenüber der unsichtbaren Präsenz eines Unheils beschreibt, bildet Klaus Kinski als Graf Dracula den Gegenpol. Es brauchte schließlich einen Schauspieler von der Klasse Kinskis, der Herzogs Grenzgängen im wahrsten Sinne des Wortes ein Gesicht gab. Mit Klaus Kinski hat Herzog einen Schauspieler gefunden, der das Ausloten der Grenzen von Körper und Geist mit einer unvergleichlichen Leinwandpräsenz ausfüllte. Kinski, den Herzog in seiner Dokumentation Mein liebster Feind (1999) als unberechenbaren Choleriker beschreibt, ist in dessen Filmen stets das eine äußere Extrem der sich entfaltenden Spannungsfelder. Ausgedrückt wird dies etwa im Kontrast von Kinskis Physiognomie zur Geometrie eines Exzerzierplatzes in Woyzeck.In dieser Edition sind erstmals ausgewählte Abzüge aus der Zusammenarbeit Herzogs und Kinskis versammelt, die direkt von den Filmnegativen stammen. Im Gegensatz zur Stillfotografie bleiben so die einzigartigen Kompositionen Herzogs bewahrt, die der Regisseur für seine Filmen entwarf.  

David Gaertner

Vita

1942    geboren in München, Deutschland
1942 - 1954wuchs in Sachrang, Bayern, auf
1954    kehrt nach München zurück
1962    Erster Film Herakles
1963Gründung seiner eigenen Produktionsfirma  Werner Herzog Filmproduktion in München
1964    Stipendium in Pittsburgh, USA, abgebrochen nach drei Tagen
1968    Erster abendfüllender Spielfilm Lebenszeichen
1995    zieht in die USA um
lebt und arbeitet in Los Angeles, USA

Auszeichnungen

2006 Directors Guild of America für Grizzly Man
2005Venedig Filmfestspiele, Fipresci Preis für The Wild Blue Yonder
Sundance Film Festival, Alfred P. Sloan Feature Film Prize
1999    San Francisco International Film Festival, Golden Spire für Little Dieter Needs To Fly
São Paulo International Film Festival, Publikumspreis für Mein liebster Feind - Klaus Kinski
1997    International Documentary Film Festival Amsterdam, Spezialpreis der Jury für Little Dieter Needs To Fly
1993    Melbourne International Film Festival, Grand Prix für Lektionen in Finsternis
1984    Deutscher Filmpreis, Filmband in Gold für Wo die grünen Ameisen träumen
Gilde Filmpreis, Gilde-Filmpreis in Gold in der Kategorie Deutscher Film für Fitzcarraldo
1982Cannes Filmfestspiele, Preis für den besten Regisseur  für Fitzcarraldo
Festival Internacional de Cine de Donostia-San Sebastián, OCIC-Preis für Fitzcarraldo
Festival Internacional de Cine de Donostia-San Sebastián, OCIC-Preis für Fitzcarraldo
1981Gilde Filmpreis, Gilde-Filmpreis in Silber in der Kategorie Deutscher Film für Woyzeck
1978    Deutscher Filmpreis, Filmband in Silber für La Soufrière - Warten auf eine unausweichliche Katastrophe
1976    Le Syndicat Français de la Critique de Cinéma, Kritikerpreis für Aguirre, der Zorn Gottes
1975    Cannes Filmfestspiele, Fipresci Preis, Grand Prix der Jury für Jeder für sich und Gott gegen alle (Kaspar Hauser)
Deutscher Filmpreis, Filmband in Silber für Jeder für sich und Gott gegen alle (Kaspar Hauser)
1968    Deutscher Filmpreis, Filmband in  Silber, für Lebenszeichen